Knowledge Watch - Von Tauben und Menschen

Neulich habe ich einen klassischen Artikel des Behavioristen B.F. Skinner im Internetgefunden. In diesem Artikel beschreibt Skinner ein Experiment mit Tauben. Die Tauben werden hungrig in eine Box mit einer Futterschale gesetzt, in die in regelmäßigen Zeitabständen Futter eingefüllt wird – unabhängig vom Verhalten der Tauben. Trotzdem entwickeln die Tauben nach einiger Zeit wiedererkennbare Verhaltensmuster. Eine Taube dreht sich im Kreis, eine andere bewegt ihren Kopf in eine bestimmte Käfigecke usw. Anscheinend denken die Tauben, durch ihr Verhalten die Futtervergabe zu beeinflussen. Der Artikel trägt den Titel „'Superstition´ in the pigeon" – Aberglaube bei Tauben.

 

Aus dem Experimentvon Skinner kann man zwei Dinge entnehmen:

 

  1. Tauben sind unglaublich leichtgläubig.
    Tauben haben offensichtlich nicht David Hume gelesen und können nicht zwischen Korrelation und Kausalität unterscheiden. Eine zeitliche Abfolge von zwei Ereignissen A (Ich nehme einen Schirm mit.) und B (Es regnet nicht.) heißt nicht, dass das eine Ereignis A das andere B verursacht hat. Die Tauben müsstenkritisch hinterfragen, wie ihre Handlung (Sich im Kreis drehen) das Ergebnis (Futter in Schale) hervorgerufen haben könnte.
  2. Tauben gehen nicht wissenschaftlich vor.
    Wenn ich jedes Mal in die Hände klatsche, bevor ich eine Tür öffne, werden Sie mich sicherlich fragen, warum ich das tue. „Um die pinkfarbenen Elefanten zuverscheuchen", sage ich, „Lassen Sie mich Ihnen zeigen" Ich klatsche in die Hände, öffne die Tür und sage: „Sehen Sie: Keine pinkfarbenen Elefanten vor derTür." Nun werden Sie sicherlich verlangen, dass ich die Tür öffne, ohne vorher in die Hände zu klatschen. Dann könnten wir sehen, ob denn ohne das Klatschen ein pinkfarbener Elefant vor der Tür stünde. Das ist – kurz gesagt – das Prinzip der Falsifizierung, so wie der Philosoph Karl Popper es für wissenschaftliche Arbeit verlangt. Die Tauben müssten überprüfen, ob das Futter auch ohne ihre Handlung in die Schale fällt.

 

Tauben sind schon seltsame Tiere.

 

Der Psychologe Dietrich Dörner beschreibt in seinem Buch „Die Logik des Misslingens" einen Versuch mit dem Namen „Kühlhausexperiment". Darin müssen die Probanden im Rahmen einer Computersimulation ein Kühlhaus mit defekter Klimaanlage auf einer bestimmten Temperatur halten, damit die darin befindliche Ware nicht verdirbt. Dazu haben Sie ein Stellrad mit den Einstellungen von 0 bis 200 und eineTemperaturanzeige. Das „Kühlhaus" ist so programmiert, dass die Temperatur verzögert auf die Einstellung des Stellrades reagiert. In der Regelungstechnik heißt so etwas ein „Totzeitglied". Ohne Bedienung des Stellrades pendelt sich das Kühlhaus auf einer Temperatur etwas oberhalb der zu haltenden Temperatur ein. Die Versuchspersonen mussten also jetzt die richtige Stellradeinstellung finden. Viele hatten jedoch aufgrund des zeitlich verzögerten Temperaturverhaltens enorme Probleme damit.

 

Die Schwierigkeiten mit dem „Kühlhaus" zeigten sich deutlich in den Hypothesen, die sich die Versuchspersonen von dem Zusammenhang zwischen Stellrad und Temperatur machten. Einige hatten „magische" Hypothesen („23 ist eine gute Zahl"), andere entwickelte Ritualisierungen („Man muss abwechselnd 50, 150 und 200 einstellen,um die Temperatur zu senken"). Wieder andere stellten sogar den ganzen Versuch in Frage („Die Stellradeinstellung hat überhaupt keinen Einfluss.").

 

Menschen sind schon seltsame Tiere.

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